Freitag, Januar 05, 2007

Nollaig Shona! Frohe Weihnachten an alle Besucher dieser Seite (wenn auch etwas verspätet) und ein gutes neues Jahr- Bliain Úr Shona! Lassen Sie sich's gutgehen!
Aber trotz der sich gerade erst auflösenden Weihnachtsruhe soll es an dieser Stelle einen sogar etwas politischen Eintrag geben - erschrecken Sie nicht! Keine Mehrwertsteuererhöhung, Gesundheitsreform, Spitzelaffäre...
Es geht um den Bologna-Prozess, der zur Zeit das Leben an deutschen Universitäten ziemlich auf den Kopf stellt. Gewaltige Organisationsschwierigkeiten und die Änderungen gegenüber dem Diplomstudiengang, die einen großen Schritt in Richtung Verschulung und Einzwängung von allen Seiten in den Notendruck bedeuten und den ursprünglichen Sinn der Universität, ein Fachgebiet bis auf den tiefsten Grund zu erkunden, zunehmend unbeachtet lassen, bringen dem neuen System keine übermäßige Beliebtheit ein. Ich werde davon zum Glück als Diplomstudent nicht tangiert - aber alle nach mir sehr wohl.
Dies sind jedoch vordergründige Schwierigkeiten. Ein viel tiefer liegendes Problem des Bachelor/Master-Systems liegt im freiwilligen Verlust der eigenen Identität. Man führt ein amerikanisches System ein, das keinerlei Vorteile gegenüber dem alten deutschen hat und übernimmt zu allem Überfluss auch noch die englischen Bezeichnungen. Warum? Weil man sich anpassen will. Warum? Gute Frage.
Wenn auf Universitätsfluren an den Türen mancher Professoren ein Schild: "Do not disturb" hängt und ebendiese Professoren (deutscher Herkunft) Diplomprüfungen auf Englisch abhalten wollen, frage ich mich, ob sie sich ihres Arbeitgebers bewusst sind: der deutsche Staat.
Wenn sich deutsche Professoren mit ihren südafrikanischen Gästen auf englisch unterhalten, ist das ja völlig in Ordnung. Aber die Standardsprache ist hier deutsch.
Dies hat etwas mit Liebe zum eigenen Land und zur eigenen Kultur zu tun. Aber in Achtung der anderen! Ein so denkender Mensch besucht interessiert andere Länder und Kulturen, beobachtet offen die dortigen Gepflogenheiten, achtet die Menschen - und freut sich, wenn er schließlich wieder seine Heimat betritt. In der er sich mit den anderen Menschen ein Stück mehr verbunden fühlt als mit denen aus fremden Ländern - nicht zuletzt durch die Sprache. So wird auch die von mir auf jeden Fall befürwortete Konstruktion "Europa" emotional (wirtschaftlich sowieso) sinnvoll. Ein Brite z.B. ist mir etwas weniger verbunden als ein Deutscher - aber mehr als ein Brasilianer, den ich aber natürlich dennoch achte. Man ist sich nur etwas fremder und das ist normal.
Und Irland? Iren sind Iren und keine Engländer. Dass sich das Englische dank historischer Fehler so ausgebreitet hat, wie es der Fall ist, ist irreversibel, aber eine allen innewohnende Liebe zur eigenen Sprache steht dieser traurigen Tatsache nicht entgegen. Offiziell wird dies ja auch vorangetrieben, aber im Volk ist dennoch eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber diesem Teil der Kultur zu beobachten - und das, obwohl man sich viel mehr als Iren fühlt als es die Deutschen tun.
Gut ist: Mit der fortschreitenden Globalisierung, die an sich sehr viele Vorteile bringt, geht nach Aussage der Fachleuten eine emotionale Regionalisierung einher. Die Tendenz scheint allgemein zum Positiven umgekehrt: Umfragen und das bloße Auge auch lange nach der WM bestätigen dies. Hoffen wir, dass das so bleibt!